Es ist das, was sich wohl jeder Sportverein wünscht: Ein Mitglied aus den eigenen Rängen wird als Kampfrichter für die Paralympics nominiert. Dieser Traum wurde für die Bogenschützen des TSV Jahn und für Schiedsrichterin Maren Haase bereits zum zweiten Mal wahr.
Sie ist eine der besten Kampfrichter in dieser Sportart, eine beliebte Vereinskollegin und zuweilen auch ein „harter Knochen“, so beschreibt Pressewart Thomas Strasser die prominente Schützin, die als Aushängeschild des Vereins gilt. Die Freisinger Bogenschützen sind zurecht stolz: Es gilt als hohe Ehre, vom Verband zu den Paralympics geschickt zu werden - etwas, das man sich hart erarbeiten müsse, so der Pressewart des Vereins.
Vor fünf Jahren war die Domstädterin bereits zu den Paralympics in Rio de Janeiro eingeladen. Allein der Gedanke an die Eröffnungsfeier und das ergreifende Gefühl beim Mitsprechen des olympischen Eids sei ein unvergessliches Erlebnis gewesen, so Maren Haase. In Tokio war die Herausforderung pandemiebedingt noch ein ganzes Stück größer, blickt die engagierte Kampfrichterin zurück. Die Trennung der einzelnen Blasen, in denen man wegen der Pandemie bleiben musste, habe Kontakte auf ein Minimum reduziert. Das habe es sehr schwer gemacht herauszufinden, welche Hilfestellung an der Schießlinie gerade nötig sei.
Parawettkämpfe sind anders als Wettkämpfe nicht eingeschränkter Sportler. „Als Kampfrichter bin ich dort viel mehr der Freund als der Feind. Ich bin dabei und gehöre dazu.“ So erfordere es ein gutes Maß an Sensibilität, denn die Athleten seien meist unglaublich verletzlich.
Die Paralympics selbst sind in allen Bereichen eines Wettkampfes herausfordernd. Es gibt mehr Sportarten, mehr teilnehmende Länder, unterschiedlichste Einschränkungen und eine unglaubliche Vielfalt an Prothesen und Hilfsmitteln.
Letztendlich sei es aber nicht nur der sportliche Aspekt, der beeindrucke, resümiert Haase. "Mein Umgang mit behinderten Menschen hat sich seither geändert.Vorher habe ich mich nie getraut zu fragen, ob zum Beispiel ein offensichtlich Blinder Hilfe braucht. Mittlerweile gehört das für mich zum normalen Umgangston. Ich frage ja auch, ob ich beim Tasche tragen helfen kann, wenn sie jemandem offensichtlich zu schwer ist. Es sollte sich in unserer Gesellschaft grundsätzlich etwas ändern. Menschen mit und ohne Behinderungen leben viel zu sehr aneinander vorbei. In Argentinien gibt es zum Beispiel einen Radiosender für Blinde. Bei uns werden Wettkämpfe mit Blinden im Fernsehen übertragen. Blinde Menschen haben da aber nicht wirklich viel davon."