Die Ermittlungen zu einer ungewöhnlichen Schleusung mit einem Privatjet am Flughafen München Ende 2020 haben jetzt zu hohen Haft- und Geldstrafen gegen eine Schleuserorganisation in Belgien geführt. Durch die Zusammenarbeit zahlreicher europäischer Justiz- und Sicherheitsbehörden konnte unter anderem der Kopf der Bande zu zehn Jahren Haft und einer Geldstrafe von 1.256.000 Euro verurteilt werden.
„Mit diesem hohen Strafmaß wurde mehr als nur Sand in das Getriebe des internationalen Schleuserbusiness gestreut. Ich danke allen Beteiligten für diesen Ermittlungserfolg”, so der Präsident des Bundespolizeipräsidiums, Dr. Dieter Romann.
Alles begann mit der Landung eines Privatjets am 9. Oktober 2020 auf dem Flughafen München. An Bord des Businessjets befand sich eine vierköpfige irakische Familie, die sich mit gefälschten Diplomatenausweisen aus St. Kitts und Nevis ausgewiesen hatte. Die vier Iraker, Vater (49), Mutter (44) und zwei Kinder (12 und 7), gaben an, über 60.000 Euro für die Schleusung von der Türkei nach Europa bezahlt zu haben. Die Ermittlungen der Bundespolizei am Flughafen mit der Staatsanwaltschaft Landshut ergaben schnell Hinweise auf ein größeres Schleusernetzwerk. So veranlasste die Bundespolizei, mehrere Flüge zum Flughafen Memmingen vorab zu annullieren, da hier der gleiche Modus Operandi vorlag.
Durch die europaweite Vernetzung der Ermittlungsbehörden konnten ähnliche Schleusungen in vier weiteren europäischen Ländern festgestellt werden. Das dann unter Beteiligung von EUROPOL (Europäisches Polizeiamt) und EUROJUST (Europäische Agentur für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen) gegründete Joint Investigation Team (JIT) übernahm die Koordination der Ermittlungen. Infolge der Zusammenarbeit der Bundespolizei am Flughafen München und den Sicherheitsbehörden in Belgien und Italien konnte 2021 ein Hauptverdächtiger, ein ägyptischer Staatsangehöriger, identifiziert werden. Er und seine sieben Komplizen, darunter seine Ehefrau, hatten Wohnsitze in Brüssel und Rom.
Am 13. September 2022 wurden er und seine Frau im Beisein deutscher und italienischer Ermittler von der belgischen Polizei festgenommen. Dabei wurde sein Haus und Privatgrundstück sowie ein angemieteter Flugzeughangar durchsucht. Beschlagnahmt wurden unter anderem 30.000 Euro in bar, 137.000 Euro auf Bankkonten, eine umfangreiche Fälscherausrüstung, ein Mercedes-Benz E-Klasse und zwei Kleinflugzeuge. Fünf weitere Komplizen, darunter die beiden Brüder des mutmaßlichen Haupttäters, wurden bei der koordinierten Aktion in Italien festgenommen.
Die Untersuchungshaft der Beschuldigten endete im Januar 2024 mit einem Prozess und Verurteilung vor einem Brüsseler Gericht. Die Richter verhängten Haftstrafen von insgesamt 40 Jahren und Geldstrafen von 2.086.000 Euro, aufgeteilt auf die Bandenmitglieder. Der Kopf der Schleuserorganisation wurde zu zehn Jahren Haft und 1.256.000 Euro Geldstrafe verurteilt.