„Wenn unsere Klientinnen das hier in ihren Habseligkeiten finden, wird ihnen oftmals erst bewusst, wie tief die Eingriffe in ihre Privatsphäre tatsächlich gehen“, sagt Katharina Strasser, Kriminologin und Mitarbeiterin der HilDa-Beratungsstelle der Diakonie Freising. Dort wird Frauen, Kindern und Jugendlichen geholfen, die von sexueller Gewalt betroffen sind. Auf Strassers Hand liegt ein kleiner, silberner Gegenstand, nicht viel größer als ein Einkaufschip. Es handelt sich um ein Ortungsgerät, wie man sie kostengünstig in jedem Elektrofachhandel oder im Internet kaufen kann. Doch dieses Gerät ist oft nur die Spitze des Eisbergs.
Die Klientinnen berichten in der Fachberatungsstelle von vielfältigen Eingriffen in die Privatsphäre, welche sowohl im Zusammenhang mit Stalking als auch häuslicher Gewalt stattfinden. Die Täter handeln oftmals aus Eifersucht, immer aber aufgrund von einem übermäßigen Bedürfnis nach Macht und Kontrolle. Sie zeigten häufig enormen Einfallsreichtum bei der Planung und Umsetzung der Kontrollmaßnahmen, so Strasser. Beispielsweise installieren sie Spionagesoftware auf den Smartphones der Frauen, lesen Textnachrichten parallel auf dem PC mit oder verstecken Mini-Ortungsgeräte in den Habseligkeiten der Klientinnen. „Die Ortungsgeräte sind so klein, dass sie so ziemlich überall versteckt sein können. Wir finden sie in Geldbeuteln und Handtaschen, aber auch in Autos und Radanhängern. Sie können aber beispielsweise auch in Jackentaschen oder in Kuscheltiere eingenäht sein“, sagt Strasser.
Diese Tracker sind frei verkäuflich, weil sie eigentlich dazu dienen, verlorene Gegenstände wie Schlüssel oder Reisekoffer wiederzufinden. Doch das Missbrauchspotenzial bei solchen technischen Spielereien ist enorm und stellt die Beratungsstelle vor große Herausforderungen. Auch smarte, also internetfähige Haushaltsgeräte wie Klingelanlagen oder Waschmaschinen können zur Überwachung missbraucht werden. Familien-Apps, mit deren Hilfe die Familienmitglieder ihren jeweiligen Standort gegenseitig einsehen können, werden ohne das Wissen der betroffenen Person schnell zum Überwachungsalptraum. Tiefgreifendere technische Kenntnisse werden dafür in der Regel nicht benötigt, weil die meisten Geräte und Apps für den Otto Normalverbraucher leicht bedienbar sind, wenn man sich oberflächlich mit ihnen befasst hat. Daher ist es laut der Kriminologin besonders wichtig, sich nach einer Trennung von seinem Partner auch digital zu trennen, also keine gemeinsam genutzten Accounts mehr zu haben und alle Passwörter zu erneuern.
Bei Fragen und Problemen zur digitalen Überwachung steht die HilDa-Beratungsstelle zur Seite. Es ist eine Fachberatungsstelle, die sich vorwiegend mit den Gewalterfahrungen von Frauen, Kindern und Jugendlichen auseinandersetzt. Katharina Strasser betont, dass aber natürlich auch Männer von der digitalen Überwachung betroffen sind. Auch sie dürfen daher eine Erstberatung in der HilDa in Anspruch nehmen und werden dann ggf. an eine geeignete Männerberatungsstelle weitervermittelt.
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