Es war alles jahrelang geplant, doch dann kam die Corona-Pandemie: Zum 60. Geburtstag der Fußball-Europameisterschaft wollte der europäische Fußballverband UEFA das Turnier 2020 erstmals verteilt über den ganzen Kontinent stattfinden lassen. Mit einem Jahr Verspätung kann die EM nun erst 2021 ausgetragen werden, immer noch in ganz Europa, aber unter anderen Vorzeichen: Statt prall gefüllten Stadien und bunten Fanfesten überwiegen die Einschränkungen, die das Virus mit sich gebracht hat. Rein sportlich gesehen ist die EM attraktiv besetzt.
Offiziell heißt das Turnier aus Gründen des Marketings immer noch EURO 2020, eröffnet wird es aber erst am 11. Juni 2021, wenn sich im Olympiastadion Rom die Türkei und Mit-Gastgeber Italien gegenüberstehen. Neben Rom und München, wo vier Partien in der Allianz Arena angesetzt sind, gibt es neun weitere Spielorte: im Vereinigten Königreich (Wembley-Stadion in London und Hampden Park in Glasgow), Russland (St. Petersburg), Dänemark (Kopenhagen), Spanien (Sevilla), den Niederlanden (Amsterdam), Ungarn (Budapest), Rumänien (Bukarest) sowie Aserbaidschan (Baku), das geographisch gesehen in Asien liegt, fußballerisch aber zu Europa gehört. Mit Bilbao und Dublin hat die UEFA zwei vorgesehene Spielorte gestrichen, weil sie wegen der Corona-Pandemie keine Zuschauer im Stadion garantieren konnten. In München werden vier Partien stattfinden: drei Gruppenspiele der deutschen Nationalelf gegen Frankreich (15. Juni), Portugal (19. Juni) und Ungarn (23. Juni) sowie ein Viertelfinale am 2. Juli. Das Finale wird am 11. Juli im Wembley-Stadion gespielt.
Für das Jubiläumsturnier haben sich 24 Mannschaften qualifiziert – neben fußballerischen Schwergewichten wie Deutschland, Spanien, Italien, England, dem Weltmeister Frankreich, dem WM-Zweiten Kroatien oder dem amtierenden Europameister Portugal auch die Schweiz und Österreich sowie Newcomer wie Finnland und Nordmazedonien. An diese Masse an Teilnehmern war 1960 noch nicht zu denken: Ganze vier Mannschaften spielten damals in einer kleinen Endrunde in Frankreich den sogenannten "Europapokal der Nationen" aus. Im Finale krönte sich die Sowjetunion mit einem 2:1 nach Verlängerung gegen Jugoslawien zum ersten offiziellen Europameister der Fußballgeschichte. 1964 holten sich Spanien und 1968 Italien, jeweils im eigenen Land, den Titel. 1972 fand die Endrunde der EM in Belgien statt, 1976 im damaligen Jugoslawien – weiterhin mit nur vier Mannschaften.
Erst seit dem Turnier 1980, das erneut in Italien ausgetragen wurde, ist die Fußball-Europameisterschaft eine richtig große Sache. Erstmals nahmen acht Mannschaften an der Endrunde teil, zum ersten Mal gab es mit dem hölzernen Bübchen Pinocchio ein offizielles Maskottchen. 1984 gewann Frankreich mit Michel Platini im eigenen Land und somit zum ersten Mal einen internationalen Titel. Vier Jahre später kam die EM zum ersten Mal nach (West-)Deutschland, wo in acht Städten gespielt wurde. Beim Endspiel im Münchner Olympiastadion triumphierte erstmals die Niederlande, die mit Spielern wie Ruud Gullit oder Marco van Basten die Sowjetunion mit 2:0 bezwang. 1992 in Schweden gewann sensationell Dänemark den Titel, das nur wegen des Auschlusses von Jugoslawien aus politischen Gründen ins Turnier nachgerückt war. Ab 1996, als das Turnier zum ersten Mal im "Mutterland des Fußballs", England, stattfand, verdoppelte sich die Teilnehmerzahl auf 16 Mannschaften, mit Tschechien schaffte es erneut ein Außenseiter ins Finale.
Im Jahr 2000 kamen zum ersten Mal zwei Nationen in den Genuss, Gastgeber einer Fußball-EM zu sein: Belgien und die Niederlande. Den Titel gewannen jedoch die Franzosen um Zinédine Zidane, die damals wie heute amtierender Weltmeister waren. 2004 schlug dann erneut die Stunde eines Außenseiters: Mindestens so sensationell wie zwölf Jahre zuvor Dänemark gewann Griechenland das Turnier. Die Elf des langjährigen Bundesliga-Trainers Otto Rehhagel hatte mit Frankreich, Tschechien und Gastgeber Portugal drei hochgehandelte Nationen bezwungen.
Dann begann die große Zeit Spaniens, das mit Spielern wie Xavi und Andrés Iniesta 2008 (in Österreich und der Schweiz) und 2012 (in Polen und der Ukraine) beste Mannschaft Europas wurde, womit erstmals eine Nation erfolgreich den EM-Titel verteidigte. 2016, in Frankreich, waren dann zum ersten Mal 24 Mannschaften bei einer Endrunde am Start. Mit Portugal, angeführt vom im Finale verletzt ausgewechselten Cristiano Ronaldo, gewann erneut eine Mannschaft von der iberischen Halbinsel. Wer wird beim Jubiläumsturnier Europameister? Einen klaren Favoriten gibt es nicht – und die Geschichte zeigt, dass schon öfters kleinere Länder triumphiert haben.