Mit der Zeugnisvergabe starten die bayerischen Schülerinnen und Schüler jetzt in die Sommerferien. Und so ist der letzte Schultag ein Tag, auf den viele mit Freude, aber auch mit Bangen blicken. Wie man als Eltern mit guten und mit schlechten Noten umgeht und wie viel in den Sommerferien gelernt werden sollte, verrät Waisuddin Fakhri, Einrichtungsleiter des Dominik-Brunner-Hauses der Johanniter, in dem sozial benachteiligte Kinder besonders im schulischen Bereich gefördert werden.
Wie wichtig sind die Zeugnisse eigentlich für die Kinder selbst?
Waisuddin Fakhri: Zeugnisse haben eine enorme Bedeutung, nicht nur wegen der Noten selbst, sondern auch als Spiegel von Leistung, Bewertung und Anerkennung. Kinder spüren früh, dass schulische Leistung ein von der Gesellschaft hoch bewerteter Maßstab ist. Und sie erleben, dass auch Eltern oft große Erwartungen haben. Das erzeugt Druck, selbst bei Kindern, die grundsätzlich schon motiviert sind.
Wie nimmt man die Motivation guter Noten mit ins nächste Schuljahr?
Waisuddin Fakhri: Indem sie auf positive Verstärkung setzen – nicht im Sinne materieller Belohnung, sondern durch echte, zugewandte Anerkennung. Gemeinsame Zeit und schöne Erlebnisse schaffen bleibende Erinnerungen. Ein Ausflug, ein gemeinsames Projekt oder ein Spieleabend wird lange positiv im Gedächtnis bleiben. Es stärkt die Beziehung zwischen Eltern
Und was, wenn die Noten nicht so gut sind?
Waisuddin Fakhri: Dann gilt vor allem: ruhig bleiben. Kein Kind scheitert mit Absicht. Eltern sollten sich die Mühe machen, gemeinsam mit dem Kind und gegebenenfalls mit Lehrkräften die Ursachen zu reflektieren und zu verstehen. Gab es Verständnisprobleme? Lernlücken aus früheren Schuljahren? Prüfungsängste? Oder war es doch zu viel Gemütlichkeit? Je nach Ursache kann dann gezielt unterstützt oder auch mal eine klare Ansage gemacht werden.
Und wenn das Kind eine Klasse wiederholen muss?
Waisuddin Fakhri: Wenn eine Klasse wiederholt werden muss oder man sie freiwillig wiederholt, sollte man das als große Chance sehen. Nicht jedes Kind lernt im gleichen Tempo. Eine Wiederholung gibt Zeit, um Lernlücken zu schließen und Grundlagen zu festigen, die für den weiteren Schulweg wichtig sind. Manche Kinder profitieren nicht nur schulisch von einem zusätzlichen Jahr, sondern auch um emotional oder sozial aufzuholen – etwa in ihrer Konzentration, Selbstorganisation oder den richtigen Umgang mit Klassenkameraden. Entscheidend ist, ob ein Kind seinen eigenen Lernweg gehen konnte. Und da gehören Umwege manchmal dazu.
Hilft dann ein Schulwechsel?
Waisuddin Fakhri: Ein Wechsel hilft eher selten. Nämlich nur dann, wenn die Situation zwischen Lehrkräften und einem Kind oder in der Klassengemeinschaft verfahren ist und es auf der persönlichen Ebene an dieser Schule nicht klappt. Oder wenn eine andere Schule eine besser passende Ausrichtung bietet.
Wie viel sollten Kinder in den Ferien für die Schule lernen?
Waisuddin Fakhri: Am besten gar nichts. Lernen ist mentale Arbeit – Kinder brauchen eine Pause vom Schulstress, wie auch Erwachsene eine Pause von der Arbeit brauchen. Das Gehirn und der Körper brauchen Erholung, um neue Eindrücke zu verarbeiten und wieder aufnahmefähig zu sein. Meine Empfehlung: Lernen durch schöne gemeinsame Erlebnisse. Kinder lernen auch beim Radfahren, Schwimmen, im Museum, beim Spielen, bei Ausflügen, beim Lesen eines guten Buches oder durch Gespräche. Diese schönen Erfahrungen fördern Lebenskompetenz, Sprache, Denken und soziale Fähigkeiten – das ist Bildung im umfassenden Sinn.