Zwischen Vötting und Neufahrn befindet sich mit dem Freisinger Moos das zweitgrößte bairische Niedermoor, rund 3000 Hektar groß. Wie alle anderen Moore, so ist auch dieses zu 95 Prozent entwässert und gibt dadurch gewaltige Mengen an schädlichem CO2, Methan und das gefährliche Lachgas ab. Moormanagerin Judith Jabs-Ingenhaag versucht das zu verändern.
Ein Moor entsteht, weil in einer Senke immer Wasser steht und die Pflanzen umfallen, unter Wasser wegen Sauerstoffmangel aber nicht verfaulen, sondern sich extrem langsam zersetzen. So wächst ein Moor (bairisch: Moos) im Jahr um rund einen Millimeter, dabei bildet sich Torf. Dieser Torf speichert wiederum gewaltige Mengen an Wasser, ein Moor kann aus bis zu 95 Prozent Wasser bestehen. Das Freisinger Moos entstand vor rund 10.000 Jahren nach der letzten Eiszeit und ist ein Niedermoos, weil es noch Verbindung zum Grundwasser hat, im Gegensatz zu einem Hochmoor, das nur noch durch Regen genässt wird. Ein feuchtes Moor speichert pro Hektar 700 Tonnen Kohlendioxid, das ist sechs Mal so viel wie ein Wald. Damit sind Moore die größten Kohlenstoffspeicher der Erde, obwohl sie nur drei Prozent der Landfläche bedecken.
Moore galten lange als wertlos und öde, dabei sind sie sehr gut mit Nährstoffen versorgt und artenreich bei den Pflanzen und Tieren. Mitte des 18. Jahrhunderts begann man in Deutschland, das recht moorreich war, nach einem Erlass des preußischen Königs Friedrich II. mit der Trockenlegung. Unzählige Entwässerungsgräben, später Rohre und Leitungen wurden gezogen und verlegt. Man wollte das Land abtrocknen, um darauf zu bauen, um es besser für die Landwirtschaft nutzen zu können und vor allem um den billigen Brennstoff Torf abzubauen.
Bayern war einmal zu drei Prozent von Mooren bedeckt, heute sind von den rund 220.000 Hektar ehemaliger Moore über 95 Prozent trockengelegt. Ein trockenes Moor hat allerdings eine ungeheure klimatische Sprengkraft, weil enorme Mengen an Kohlendioxid, Methan und Lachgas herauswabern. Prof. Matthias Drösler von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) forscht an diesem Thema seit über 25 Jahren, heute leitet er das Moorforschungszentrum Peatland Science Centre (PSC) an der HSWT. Er hat mitten im Freisinger Moos eine Messstation aufgebaut, mit der er rund um die Uhr misst wie viel Gas aus dem Moor emittiert. Mit Pumpen kann er den Grundwasserstand verändern und so eindeutig belegen: Je höher das Grundwasser steht, umso weniger Gas tritt aus. Ideal wäre ein Grundwasserstand von 20 bis 30 Zentimeter – aktuell steht das Grundwasser im Freisinger Moos bei 1,50 Meter.
Hier kommt Moormanagerin Jabs-Ingenhaag ins Spiel. Sie ist angestellt bei der Regierung von Oberbayern und hat ihr Büro im Freisinger Landratsamt. „Mein Ziel ist es, durch Wiedervernässung des Freisinger Mooses den Grundwasserspiegel anzuheben und so den Gasaustritt deutlich zu senken“, sagt die 49-jährige Biologin. Seit zwei Jahren ist sie im Amt und versucht das Versprechen der Staatsregierung, bis 2040 ein Viertel aller bairischen Moore wieder unter Wasser zu setzen, im Landkreis umzusetzen. Das Freisinger Moos wird durchflossen von der Moosach, die gerade wieder renaturiert wird. Daneben gibt es viele kleine Bäche, wie den Oetzwiesen-, Moos- oder Bründelgraben. „Daneben wollen wir in Entwässerungsgräben Holzwände einbauen, sie stauen das Wasser auf und heben so den Grundwasserspiegel“, sagt Jabs-Ingenhaag. Das Problem dabei ist nur, dass die Moos-Grundstücke neben der Stadt Freising oder dem Flughafen, die kein Problem mit einer Vernässung haben, auch vielen Privatleuten gehören, darunter zahlreiche Landwirte. „Wir haben uns schon oft vor Ort getroffen, ich versuche allen zu erklären, dass es uns nicht um eine Überflutung des Gebietes geht. Wenn wir den Grundwasserspiegel auf etwa 50 Zentimeter anheben, dann spürt man an der Oberfläche noch gar nichts und die Bauern können ihre Felder ganz normal weiter bewirtschaften. Die meisten haben sowieso nur Gras für Heu, nur wenige bauen Mais oder Getreide an.“ Es gäbe sogar die Möglichkeit, die Spundwände in den Gräben so anzulegen, dass man sie ein paar Wochen vor der Mahd oder Ernte wieder öffnen und so den Grundwasserspiegel absenken kann. „Aber leider haben einige Landwirte große Skepsis, das Moor wieder nass zu machen – dabei hätte es so eine irrsinnig positive Wirkung für das Klima.“ Ein nasses Moor speichert Kohlendioxid, hilft gegen Hochwasser und Überschwemmungen, steigert den Artenreichtum enorm – etwa die herrlich blühenden Orchideen, Wiesenknopf oder Sumpfherzblatt wachsen dort - und macht trotzdem Landwirtschaft möglich.